Informationen zur Vorsorgevollmacht

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Generalvollmacht
  3. Bevollmächtigte
  4. Gesundheitsvollmacht
  5. Schweigepflichtentbindungserklärung
  6. Patientenverfügung
  7.  Vermeidung von Betreuung
  8. Widerruf
  9. Registrierung
  10. Ausfertigungen

1. Einleitung

Eine Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung ist ein wichtiges Instrument, um für Unglücksfälle gewappnet zu sein. Sie empfiehlt sich insofern nicht nur für ältere Semester, sondern auch junge Leute sollten eine derartige Vollmacht an Vertraute erteilen.

Die Vorsorgevollmacht ist nicht vom Himmel gefallen. Sie hat eine Vorgeschichte. Bis Anfang der 1990er Jahre gab es sie nicht. Wenn ein Mensch, ob nun wegen eines Unfalls, aufgrund einer Krankheit oder allgemein wegen Alters nicht mehr in der Lage war, auch nur einzelne ihn betreffende Dinge selbst zu regeln, wurde er entmündigt, also rechtlich auf die Stufe eines Kleinkindes gestellt. Jede Erklärung, und wenn es nur der Kauf von Brötchen war, musste vom Vormund abgegeben werden. Der Gesetzgeber hat dann erkannt, dass diese seinerzeit etwa 100 Jahre alte Regelung nicht mehr in die moderne Gesellschaft passte und hat mit dem Erlass des Betreuungsgesetzes eine Großtat vollbracht.

Nach dem Betreuungsgesetz wird viel detailreicher nach den Defiziten der betreffenden Person geforscht und nur für diesen genau definierten Bereich ein Betreuer nicht etwa dem Betreuten vor die Nase gesetzt (wie der Vormund), sondern an die Seite gestellt. Wenn also der Betreute selbst selber handeln kann, ist kein Bedarf für das Handeln des Betreuers. Wenn er nicht handeln kann, tritt der Betreuer an seine Stelle und handelt neben ihm.

Der Gesetzgeber hat sich vorgestellt, dass die Betreuung möglichst von nahen Angehörigen wahrgenommen wird. Diese haben sich aufgrund der Familienverbundenheit natürlich auch zur Übernahme dieses Amtes bereit erklärt. Allerdings sind sie nicht aufgrund der engen persönlichen Beziehung Betreuer geworden, sondern aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Betreuungsgerichts. Das Betreuungsgesetz unterscheidet nämlich nicht danach, ob jemand mit dem Betreuen auf vertrautem Fuß steht oder eine völlig fremde Person ist, sieht also unabhängig vom Näheverhältnis gewisse Kontrollmechanismen vor. Auch der familienangehörige Betreuer muss also dem Betreuungsgericht Rechenschaft ablegen z.B. über die Verwendung von Mitteln und kann auch nicht frei schalten und walten, sondern muss in vielen Fällen die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.

Als die familienangehörigen Betreuer dies merkten, haben sie wegen des damit verbundenen Aufwands eine regelrechte Betreuung häufig abgelehnt. Damit entstanden für die Betreuungsgerichte Personalprobleme, so dass sie allerorten gemeinnützige Betreuungsvereine gebildet haben, die Berufsbetreuer angestellt haben. Diese Berufsbetreuer wurden dann - wenn sich ein Betreuer aus der Familie nicht fand - eingesetzt, kannten allerdings naturgemäß die familiären Zusammenhänge, Vorlieben und Abneigungen des Betreuten nicht, so dass es durchaus Entscheidungen gab, mit denen der Betreute vielleicht gar nicht einverstanden war. Außerdem wird für das Tätigwerden eines Berufsbetreuers auch ein Entgelt fällig.

Dies hat dann Ende der 1990er Jahre dazu geführt, dass man nach einem juristisch tauglichen Mittel dafür gesucht hat, Betreuung überflüssig zu machen. So wurde die Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung entwickelt.

Ziel der Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung ist es also, Betreuung überflüssig zu machen und einen vertrauten Familienangehörigen zum umfassend bevollmächtigten Vertreter zu bestellen. Zweckmäßigerweise wird der Text von einem Notar beurkundet, damit es vor allem im Bereich der Gesundheitsvollmacht keine Probleme gibt. Der Notar stellt dabei auch die Identität der Erschienenen, die sich ihm ausweisen müssen, fest, und zwar ebenso wie die Verhandlungsfähigkeit.

Bevor der Notar die Beurkundung durchführt, muss er feststellen, ob nicht er oder einer der weiteren Rechtsanwälte des Büros in derselben Sache für eine der Vertragsparteien vorher schon als Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Dann nämlich könnte er nicht mehr neutral das Amt des Notars versehen. Es darf also keine Vorbefassung vorliegen.

Zentraler Inhalt der Urkunde sind zwei Vollmachten und eine Anweisung, nämlich die Patientenverfügung.

2. Generalvollmacht

Zunächst ist in der Vorsorgevollmacht eine Generalvollmacht enthalten. Damit können die Bevollmächtigten alle möglichen Rechtsgeschäfte tätigen, also Kauf- und Mietverträge abschließen, über ein Bankkonto verfügen, auch ein Bankkonto kündigen und ein neues errichten, einen Vertrag mit einem Pflegeheim abschließen (und wieder kündigen) usw.

Die Generalvollmacht ist recht knapp gehalten. Juristisch ist dies ausreichend. Allerdings muss sich auch insbesondere ein Bankkaufmann wiederfinden. Daher ist auch noch eine Bankvollmacht ausformuliert. Eine Bankvollmacht geht weiter als eine reine Kontovollmacht, mit der man im Rahmen eines bestehenden Kontos verfügen kann. Die Bankvollmacht erlaubt auch Konten zu schließen oder neue Konten zu eröffnen.

Auf den ersten Blick etwas kompliziert erscheint die Formulierung, wonach der Bevollmächtigte nur dann von den Befugnissen aus den Vollmachten Gebrauch machen darf, wenn der Vollmachtgeber selbst dazu nicht in der Lage ist, dies allerdings anschließend nur als eine Vereinbarung im Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten dargestellt wird. Dies hat einen praktischen Grund. Wenn nämlich der Bevollmächtigte ohne die Innenverhältnis-Klausel tätig wird, würde ein aufmerksamer Adressat der Vollmacht einen Nachweis verlangen, dass der Vollmachtgeber selbst wirklich nicht zu handeln in der Lage ist. Dann müsste für jeden Fall, in dem der Bevollmächtigte mit der Vollmacht arbeitet, ein tagaktuelles ärztliches Attest beigebracht werden, was natürlich die Anwendung der Vollmacht erheblich erschwert.

3. Bevollmächtigte

Es ist anzuraten, dass der Vollmachtgeber mindestens zwei Bevollmächtigte hat. Wenn nämlich ein alleiniger Bevollmächtigter nicht zur Hand ist oder zusammen mit dem Vollmachtgeber verunglückt, würde die Vollmacht sonst nicht funktionieren. Sollten neben dem Ehegatten auch Kinder bevollmächtigt werden, empfiehlt es sich, dass diese Kinder jedenfalls in Bezug auf die Generalvollmacht "gedeckelt" werden, so dass sie zentrale Entscheidungen, wie z.B. den Ankauf oder Verkauf von Immobilien oder Verfügungen über größere Geldbeträge nur gemeinsam (Vieraugenprinzip) tätigen können. Darüber hinaus kann es den Kindern - auch gemeinsam - untersagt werden, Spekulationsgeschäfte für den Vollmachtgeber abzuschließen oder Darlehen aufzunehmen. Dies muss im Einzelfall entschieden werden.

Die Befugnisse aus der Generalvollmacht können vom Bevollmächtigten nicht insgesamt auf eine dritte Person übertragen werden. Allerdings ist der Bevollmächtigte befugt, für einzelne, von ihm selbst zu bestimmende Handlungen Untervollmacht zu erteilen, also einen anderen mit der Erledigung einer Aufgabe zu betrauen. Dies ist auch sinnvoll, da sich so der Handlungsspielraum des Bevollmächtigten erweitert, er muss nicht jede Handlung selbst vornehmen.

4. Gesundheitsvollmacht

In der Gesundheitsvollmacht geht es darum, dass der Bevollmächtigte befugt ist, in allen Gesundheitsdingen Entscheidungen zu treffen. Er kann in die vom Arzt vorgeschlagene Maßnahme entweder einwilligen, sie allerdings auch ablehnen oder eine einmal erteilte Einwilligung zurücknehmen, hat also volle Handlungsfreiheit. Diese Handlungsfreiheit ist allerdings durch das Gesetz beschränkt. Dieses schreibt vor, dass die Entscheidung des Bevollmächtigten in Gesundheitsdingen dann vom Betreuungsgericht zu genehmigen ist, wenn die Entscheidung für den Vollmachtgeber gesundheitsbedrohlich oder lebensgefährlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte zustimmt, dass neue, noch nicht erprobte Medikamente oder Behandlungsmethoden angewendet werden sollen.

In diesem Rahmen ist der Bevollmächtigte auch befugt, über sog. freiheitsentziehende Maßnahmen zu entscheiden. Diese haben grundsätzlich zwei Qualitäten. Zum einen geht es um das Anbringen von Bettgittern oder Gurten, damit der Vollmachtgeber, wenn er nicht bei Sinnen ist, nicht aus dem Krankenbett fällt und sich möglicherweise einen Schenkelhalsbruch und anschließend eine Lungenentzündung, möglicherweise verbunden mit dem Ableben zuzieht. Für derartige Maßnahmen reicht die Vollmacht allein aus. Nur dann, wenn die freiheitsentziehenden Maßnahmen eine stärkere Intensität haben, also z.B. den Einschluss in einer geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses oder einer Pflegeeinrichtung betreffen, muss vorher das Betreuungsgericht die Entscheidung des Bevollmächtigten ebenfalls vorher genehmigen.

Die Befugnisse in Gesundheitsangelegenheiten und in Bezug auf freiheitsentziehende Maßnahmen sind vom Bevollmächtigten nicht übertragbar, sie können nur von ihm allein ausgeübt werden.

Im Übrigen sind unter dieser Überschrift auch Regelungen zur Bestattung und Organspende möglich. Vorgesehen ist eine ganz allgemeine Form in Bezug auf die Bestattung, wonach der Bevollmächtigte berechtigt ist, die entsprechenden Schritte zu erledigen. Er wird sich dann nach dem zu richten haben, was der Vollmachtgeber ihm zuvor mitgeteilt hat oder ebenso entscheiden, wie er meint, dass der Vollmachtgeber es hätte haben wollen. In Bezug auf die Organspende muss jeder Vollmachtgeber selbst entscheiden, wie er dazu steht und ob er damit einverstanden ist, dass eine Organspende stattfindet oder eben nicht.

5. Schweigepflichtsentbindungserklärung

Damit der Bevollmächtigte mit der Gesundheitsvollmacht überhaupt sinnvoll arbeiten kann, muss er sich zunächst über den Gesundheitszustand des Vollmachtgebers vergewissern können. Die Ärzte und das Pflegepersonal unterliegen in dieser Hinsicht allerdings einer Verschwiegenheitsverpflichtung, die sie nicht brechen dürfen. Daher ist in der Urkunde auch eine Schweigepflichtsentbindungserklärung eingearbeitet.

Diese alleine allerdings führt nur dazu, dass der Arzt Auskunft über den Bevollmächtigten geben darf, nicht aber muss. Deshalb ist in der Schweigepflichtsentbindungserklärung eine regelrechte Verpflichtung des Arztes zur Auskunftserteilung vorgesehen. Vorgesehen ist ferner, dass der Bevollmächtigte selbst das Recht hat, die Krankenunterlagen einzusehen. Dies wird allerdings nur dann helfen, wenn der Bevollmächtigte eine eigene medizinische Vorbildung hat, um die Unterlagen überhaupt zu verstehen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann er den behandelnden Arzt auch auffordern, Kopien der Krankenunterlagen an "Dritte" herauszugeben, also insbesondere an den Hausarzt (oder einen Facharzt) des Vollmachtgebers, mit dem der Bevollmächtigte dann den Gesundheitszustand erörtern und notwendige Maßnahmen besprechen kann.

6. Patientenverfügung

Die Patientenverfügung schließlich ist keine Vollmacht, sondern eine Anweisung für den schlimmsten aller Fälle: Der Tod steht unmittelbar bevor und durch die möglicherweise ärztlicherseits vorgeschlagenen Maßnahmen würde nicht das Leben, sondern nur das Sterben verlängert werden. Für diesen Fall wird eine Anordnung dahingehend getroffen, dass derartige Maßnahmen zu unterbleiben haben.

Die Patientenverfügung erklärt sich eigentlich von selbst. Sie befasst sich mit zwei Fällen, zum einen den Fall, dass der Vollmachtgeber kurz vor seinem Ableben steht und insofern durch medizintechnische Maßnahmen keine Verlängerung des Lebens, sondern nur eine Schmerzbehandlung stattfinden soll. Der zweite Fall betrifft die Problematik eines dauerhaften Komas, bei dem der Sterbevorgang noch nicht unmittelbar eingesetzt hat, z.B. wegen einer schweren Dauerschädigung des Gehirns: Der Körper würde noch weiter funktionieren, Lebensqualität wäre für den Betroffenen allerdings nicht gegeben, ganz im Gegenteil würden seine Angehörigen durch diesen Zustand psychisch belastet werden. Für beide Fälle ist vorgesehen, dass künstliche Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens nicht stattfinden sollen, es sei denn, dass sie nur der Schmerzlinderung dienen.

7. Vermeidung von Betreuung

Die vorliegende Vollmacht ersetzt eine Betreuung derzeit vollständig. Allerdings sind Gesetzesänderungen nicht auszuschließen. Wenn es eine derartige Gesetzesänderung geben sollte, wonach ein Teilbereich dessen, was durch die Vollmacht abgedeckt ist, nur noch durch Betreuung zu leisten ist, so sollen jedenfalls die als Bevollmächtigte eingesetzten Personen auch als Betreuer fungieren. Festgelegt wird ferner, dass für diesen Fall die Vollmacht nicht insgesamt ihre Bedeutung verliert, sondern soweit wie gesetzlich zulässig Wirkung behalten soll.'

8. Widerruf

Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden, sogar mündlich. Wenn allerdings die Ausfertigung der Vollmacht bereits im Besitz der Bevollmächtigten sind, so müssen diese zurückgefordert werden, damit der jetzt vollmachtslose frühere Bevollmächtigte nicht unter Verwendung der Ausfertigung insbesondere Verträge für und gegen den früheren Vollmachtgeber schließt, die aufgrund der Vorlage der Ausfertigung für diesen wirksam wären.

Grundsätzlich dürfte es besser sein, die Ausfertigungen der Vollmacht zu Hause zu verwahren. Sollte dem Vollmachtgeber etwas passieren, sind die Bevollmächtigte in aller Regel in der Lage, sich Zugang zum Haus bzw. zur Wohnung des Vollmachtgebers zu verschaffen, um so in den Besitz der Ausfertigung der Vollmacht zu kommen.

9. Registrierung

Die Vorsorgevollmacht kann bei einem entsprechenden Register, das von der Notarkammer in Berlin geführt wird, registriert   werden. Sollte irgendjemand gegenüber dem Betreuungsgericht eine sogenannte Betreuungsanregung stellen, wird sich der befasste Richter zunächst einmal bei diesem Register erkundigen, ob eine Vorsorgevollmacht registriert ist. Wenn dies der Fall ist, ist kein Raum für eine Betreuung, so dass dieser Anregung nicht gefolgt werden wird. Insofern empfiehlt sich grundsätzlich die Registrierung der Vollmachten beim zentralen Vorsorgeregister der Bundeszentralkammer in Berlin. Die Kosten belaufen sich auf 8,50 € und 16,00 € ja nach Anzahl der Bevollmächtigten. Bei der Registrierung werden auch die benannten Bevollmächtigten aufgenommen. Da der Vollmachtgeber allerdings nicht über die persönlichen Daten der Bevollmächtigten verfügen kann, werden diese anschließend vom Register angeschrieben und über die Speicherung informiert und - der Datenschutz lässt prüfen - auf das Recht hingewiesen, die Löschung dieser Daten zu verlangen (was hoffentlich nicht passiert).

10. Ausfertigungen

Das Original der erteilten Vollmacht, die regelrechte Urkunde, verbleibt nach gesetzlicher Regelung immer beim Urkundsnotar. Damit die Bevollmächtigten handeln können, benötigen sie jeweils ein Ersatzoriginal. Dieses stellt der Notar her: Er versieht eine Fotokopie der Urkunde zunächst mit einem Vermerk, wonach einer bestimmten Person diese Ausfertigung erteilt wird. Hinzugesetzt wird das Siegel und dies vom Notar unterschrieben. Diese drei Dinge machen aus einer Fotokopie ein Ersatzoriginal, das Ausfertigung genannt wird.

Diese Ausfertigung ist immer nur für die benannte Person bestimmt, die im Ausfertigungsvermerk aufgeführt wird. Es ist für den Vollmachtgeber sinnvoll, wenn er auf dem Umschlagdeckel der Vollmacht vermerkt, für wen diese Ausfertigung bestimmt ist, damit es bei Bedarf keinen Kuddelmuddel gibt und sich der Bevollmächtigte in Unkenntnis dieser Sachlage einfach eine von mehreren Ausfertigungen nimmt, die dann für eine andere Person ausgefertigt worden ist.

Sollte der Vollmachtgeber (oder der Bevollmächtigte) die Ausfertigung verlieren oder sie anderweit vernichtet werden, kann der Vollmachtgeber beim Urkundsnotar eine weitere Ausfertigung anfordern. Sollte er dazu nicht mehr in der Lage sein, kann auch der Bevollmächtigte dies tun, er muss dann allerdings an Eides Statt versichern, dass ihm die Vollmacht vom Vollmachtgeber nicht entzogen worden ist, sondern dass er die Ausfertigung verloren hat oder sie vernichtet worden ist.