4. Störungen im Arbeitsverhältnis

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Arbeitsvertrag
  2. Pflichten des Arbeitgebers
  3. Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers
  4. Störungen im Arbeitsverhältnis
    1. Nichterfüllung der Arbeitspflicht
    2. Haftung des Arbeitnehmers
    3. Annahmeverzug des Arbeitgebers
    4. Lehre vom Betriebsrisiko
    5. Verletzung von Nebenpflichten
  5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  6. Arbeitsgerichtsbarkeit

4.1 Nichterfüllung der Arbeitspflicht

Grundsatz: Ohne Arbeit gibt es keinen Lohn! Allerdings besteht keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung, wenn der Arbeitgeber seine Fürsorgepflichten aus § 618 BGB grob vernachlässigt. Erfüllt der Arbeitnehmer seine Arbeit schlecht, so hat der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf Minderung der Vergütung; der Arbeitgeber kann allenfalls einen Schadenersatzanspruch geltend machen, wenn den Arbeitnehmer ein Verschulden trifft. Weitere Ausnahmen vom genannten Grundsatz: Erholungsurlaub, unverschuldete Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit (sechs Wochen Entgeltfortzahlung, dann Kranken- oder Verletztengeld), Freistellung nach dem Mutterschutzgesetz, Sonderurlaub wegen wichtiger persönlicher Ereignisse (Geburt oder Sterbefälle in der Familie, eigene Hochzeit), Freizeit zur Stellungssuche gemäß § 629 BGB (= Dunkelnorm).

4.2 Haftung des Arbeitnehmers

Schädigt ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit das Vermögen des Arbeitgebers, so greifen die Grundsätze der Arbeitnehmerenthaftung ein. Zweck dieser Regelung ist es, den Arbeitnehmer vor unübersehbaren Risiken, also vor Schadensersatzpfichten zu schützen, die zum Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers in einem unangemessenen Verhältnis stehen.

Dieses Problem wurde früher als Haftungsbegrenzung bei "schadensgeneigter Arbeit" bezeichnet. Das Bundesarbeitsgericht hat dann allerdings die Voraussetzung der Schadensgeneigtheit der konkreten, zum Schadensereignis führenden Tätigkeit 1994 fallengelassen. Heute wird also lediglich danach gefragt, wer haftet, wenn der Arbeitnehmer Schäden im Betrieb verursacht. Die Rechtsprechung war bisher nur insoweit eindeutig, dass ein Arbeitnehmer, der während seiner beruflichen Tätigkeit einen Schaden verursachte, unmittelbar dem Geschädigten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Wie wirkt sich ein solcher Schadensfall aber auf das Arbeitsverhältnis aus? Kann der Arbeitnehmer beispielsweise verlangen, dass der Arbeitgeber ihm derartige Forderungen Dritter vom Leib hält? Für alle betrieblichen Tätigkeiten des Arbeitnehmers gelten nach langem Hin und Her in der Rechtsprechung nun folgende Grundsätze der Haftungsmilderung:

-    Wurde der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, dann haftet der Mitarbeiter grundsätzlich in vollem Umfang.

-    Ist dem Mitarbeiter lediglich leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen, so haftet er überhaupt nicht.

-    Liegt normale oder mittlere Fahrlässigkeit vor, dann ist der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuteilen und zwar nach den Grundsätzen des Mitverschuldens. Bei Verkehrsunfällen beschränkt sich die Haftung des Arbeitnehmers generell auf die Selbstbeteiligung an der höchstmöglichen bzw. tatsächlich vereinbarten Vollkaskoversicherung. Von deren Abschluss ist auszugehen.

Wie bei allen Grundsatzentscheidungen steckt der Teufel natürlich im Detail. Denn die Unterscheidung und Festlegung des Fahrlässigkeitsgrades muss in jedem Einzelfall erst geklärt werden. Auch die Frage, ob der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit in jedem Fall voll haftet, ist noch offen. Bisher haftete ein Arbeitnehmer trotz grober Fahrlässigkeit dann nicht, wenn zwischen seinem niedrigen Einkommen und dem Betriebsrisiko ein krasses Missverhältnis bestand.

4.3 Annahmeverzug des Arbeitgebers

Lehnt der Arbeitgeber die Entgegennahme der Arbeiten des Arbeitnehmers ab, obwohl dieser seine Arbeiten ausdrücklich anbietet, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohn, § 615 BGB; er ist nicht zur Nachleistung verpflichtet.

4.4 Lehre vom Betriebsrisiko

Die Lehre vom Betriebsrisiko greift in den Fällen ein, in denen unverschuldete Betriebsstörungen vorliegen, also z.B. die Unterbrechung der Energieversorgung oder Produktionsstopp aufgrund Streiks in einer Zulieferfirma. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber als Unternehmer das Risiko, so z.B. bei einem Energieausfall. Der Arbeitgeber ist dann weiterhin zur Leistung der vollen Vergütung verpflichtet. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn infolge der Betriebsstörung eine Existenzvernichtung des Betriebes droht. Damit müssen die Arbeitnehmer Lohnkürzungen hinnehmen. Geht die Betriebsstörung aber auf ein Arbeitnehmerverhalten zurück (z.B. bei einem Streik in einem Zulieferbetrieb), so trägt die Arbeitnehmerschaft das Betriebsrisiko. Ein Anspruch auf Lohn besteht dann nicht. Es kommt letztlich also darauf an, aus Welcher Sphäre die Störung herrührt.

4.5 Verletzung von Nebenpflichten

Verletzt der Arbeitnehmer die ihm obliegenden Nebenpflichten, so kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ggfls. (in der Regel nach mehreren erfolglosen Abmahnungen) ordentlich oder sogar außerordentlich - fristlos - kündigen. Auch ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers kommt grundsätzlich in Betracht.