2. Pflichten des Arbeitgebers

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Arbeitsvertrag
  2. Pflichten des Arbeitgebers
    1. Lohnzahlungspficht
    2. Fürsorgepflichten
    3. Gleichbehandlungspflicht/ AGG
    4. Beschäftigungspflicht
    5. Elternzeit
    6. Pflicht zur Gewährung von Urlaub
    7. Pflicht zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses
  3. Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers
  4. Störungen im Arbeitsverhältnis
  5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  6. Arbeitsgerichtsbarkeit

2.1 Lohnzahlungspflicht

Die Lohnzahlungspflicht ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers. Sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifgebunden oder ist der Lohntarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden, sind keine weiteren Vergütungsvereinbarungen notwendig. Der Tarifvertrag gilt dann unmittelbar und zwingend. Tariflöhne sind Mindestlöhne, kein Festlöhne. Höhere Löhne können also vereinbart werden. Nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber können vereinbaren, dass einschlägige Tarifverträge ganz oder teilweise auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Sie können aber auch ganz individuelle Lohnvereinbarungen treffen.

Normalerweise wird Geldlohn geschuldet; der (ergänzende) Naturallohn kommt heute nicht mehr häufig vor (z.B. private Nutzung des Dienstwagens, freie Kost und Logis bei Hausgehilfen, Haustrunk bei kleinen Brauereien). Zum Lohn gehört nicht nur die unmittelbare Vergütung für geleistete Arbeit, sondern auch Sonderformen wie insbesondere Zulagen, Provisionen, Gratifikationen, vermögenswirksame Leistungen. Werden zum Lohn freiwillige weitere Zahlungen auf freiwilliger Basis - also ohne dass diese im Arbeits- oder Tarifvertrag vorgesehen sind - z.B. Weihnachtsgeld und/oder Urlaubsgeld, gewährt, so handelt es sich hierbei nicht um Schenkungen, sondern um Leistungen, die ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis haben. Es ist anerkannt, dass eine längerdauernde betriebliche Übung - in der Regel drei Jahre -, bei der solche Leistungen ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit gewährt werden, einen Leistungsanspruch entstehen lässt. Davon kann sich der Arbeitgeber grundsätzlich nur durch eine ändernde Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, wenn der nicht will: durch Änderungskündigung (oder durch eine entgegenstehende betriebliche Übung) befreien.

Durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung kann der Arbeitnehmer verpflichtet sein, im Kündigungsfall Gratifikationen (insbesondere das Weihnachtsgeld!) zurückzuzahlen. Die Rechtsprechung hat hier allerdings Grenzen gezogen: Bei Zahlungen unter 100 Euro entfällt die Rückzahlung. Beträgt die Weihnachtsgratifikation weniger als ein Monatsgehalt, so muss sie - wie gesagt: bei entsprechender Vereinbarung! - zurückgezahlt werden, wenn der Arbeit-nehmer das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt vor dem 31. März des Folgejahres beendigt (oder aufgrund eines aus seiner Sphäre stammenden Grund vom Arbeitgeber beendigt wird), bei einer höheren Weihnachtsgeldzahlung bei Kündigung zum 30. Juni. Übrigens: Die betriebliche Lohngestaltung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Vorstehendes gilt nicht für das sog. 13. Monatsgehalt. Dabei handelt es sich um eine Spardose, in die der Arbeitnehmer jeden Monat ein Zwölftel seines Arbeitsentgelts einzahlt und dann - meist zum Jahresende - den zuvor verdienten Betrag ausgezahlt erhält. Das Weihnachtsgeld hingegen ist sowohl eine Belohnung für zuvor geleistete Dienste als auch Anreiz für künftige gute Arbeit. Der Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf das Weihnachtsgeld, wenn er den Auszahlungszeitpunkt im Arbeitsverhältnis erlebt. Scheidet als ein Arbeitnehmer zum 31. Oktober aus, würde er neun Zwölftel eines 13. Monatsgehalts erhalten, allerdings nichts von einem erst Ende November auszuzahlenden Weihnachtsgeld.

2.2 Fürsorgepflichten

Der Arbeitgeber ist aus dem Gesichtspunkt der Fürsorge verpfichtet, sich für das Wohl der Arbeitnehmer einzusetzen und alles zu unterlassen, Was deren Interessen schädigen könnte. Besonders ausgeprägt sind die Fürsorgepflichten in § 618 BGB. Danach hat der Arbeitgeber den Arbeitsplatz und den Arbeitsablauf gefahrlos zu gestalten. In der Praxis bedeutet dies vor allem, dass er zur Beachtung der Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzvorschriften verpflichtet ist. Verstößt der Arbeitgeber gegen Vorschriften zum Schutz für Leben und Gesundheit, kann der Arbeitnehmer die Arbeit verweigern, denn er muss nicht unter gesetzeswidrigen Bedingungen arbeiten. Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz kann den Arbeitgeber dazu verpflichten, ein Rauchverbot zu erlassen. Der Arbeitgeber muss ferner dafür sorgen, dass persönliche Daten, die er erfahren hat, geschützt werden. Ferner muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor ungerechter Behandlung durch Vorgesetzte sowie vor rechtswidrigen Handlungen von Arbeitskollegen schützen. Schließlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Eigentum des Arbeitnehmers zu schützen. So muss z.B. der Arbeitgeber für persönliche Gegenstände des Arbeitnehmers einen verschließbaren Schrank zur Verfügung stellen (nicht aber das Vorhängeschloss!).

2.3 Gleichbehandlungspficht/AGG

Ferner ist es dem Arbeitgeber untersagt, einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen willkürlich, d.h. ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorliegt, zu benachteiligen. Das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht neben dem Geschlecht eine ganze Reihe weiterer Diskriminierungsmerkmale vor: Das Gesetz soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Alters, des Geschlechts, einer Behinderung oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen. Es enthält entgegen seines missverständlichen Titels kein umfassendes Diskrimierungsverbot, verbietet also nicht jede Ungleichbehandlung. Übrigens liegt eine Diskriminierung wegen Nichtberücksichtigung einer Bewerbung dann nicht vor, wenn die Bewerbung subjektiv nicht ernsthaft war. Auch die mittelbare - also versteckte - Benachteiligung ist nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht statthaft.

2.4 Beschäftigungspflicht

Nach heute herrschender Meinung hat jeder Arbeitnehmer einen einklagbaren vertraglichen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung entsprechend seinem Arbeitsvertrag. Eine Freistellung von der Arbeit unter Lohnfortzahlung ist ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nur vorübergehend und nur bei besonderen, schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers zulässig. Dies setzt natürlich voraus, dass tatsächlich Arbeit vorhanden ist, denn der Arbeitgeber kann vom Gericht nicht zu etwas Unmöglichem verpflichtet werden.

2.5 Elternzeit

Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit handelt es sich um die Ausübung eines Gestaltungsrechts durch den Arbeitnehmer; der Arbeitgeber muss dem Wunsch des Arbeitnehmers also entsprechen. Während der Elternzeit sind die Arbeitspficht und die Pflicht zur Arbeitsvergütung regelmäßig suspendiert. Es ist übrigens zulässig, dass "während der Elternzeit" der Elternteil, der die Elternzeit nimmt, mit verringerter Arbeitszeit erwerbstätig ist (sog. Elternteilzeit). Ein Antrag auf Elternteilzeit ist auch noch zu einem Zeitpunkt nach Beginn der Elternzeit zulässig. Dieser Antrag muss nicht zugleich mit dem Verlangen auf Inanspruchnahme der Elternzeit abgegeben werden.

2.6 Pflicht zur Gewährung von Urlaub

Jeder Arbeitnehmer, also auch der geringfügig Beschäftigte, hat einen Anspruch auf mindes-tens 24 Werktage Urlaub (bei einer sechs-Tage-Woche) im Jahr, also vier Wochen. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses (= Wartezeit) erworben, § 4 BUrlG. Bei einem Arbeitsverhältnis, das noch nicht sechs Monate bestanden hat, ist der Urlaub zu zwölfteln; das Zwölftel des Jahresurlaubs wird nur für jeden vollen Beschäftigungsmonat gewährt. Was passiert, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers länger als sechs Monate bestanden hat, er den vollen Jahresurlaub bereits erhalten hat und dann zum 31. Juli aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet? Dazu folgende Regelung:

§ 5 Teilurlaub.

(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a) für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;

b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;

c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Es handelt sich um eine verklausulierte Dunkelnorm: Im vorstehenden Beispielsfall braucht sich der Arbeitnehmer sich also nicht etwa "zuviel" erhaltenen Urlaub anrechnen lassen: Er hatte schon den vollen Urlaubsanspruch. Im Anschlussarbeitsverhältnis hat er für dieses Kalenderjahr wegen des Verbots von Doppelurlaub (§ 6 BurlG) keinen Urlaubsanspruch mehr. Der frühere Arbeitgeber hat gegen den neuen aber auch keinen Bereicherungsanspruch!

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn dringende betriebliche Belange dem entgegenstehen. Der Urlaubsanspruch wird auf das nächste Kalenderjahr übertragen, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Der Urlaub muss dann in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt (und nicht etwa genommen!) werden; dies betrifft aber nur den über den gesetzlich geregelten Mindesturlaub von vier Wochen hinausgehenden Urlaub, nicht aber den (nicht verfallbaren) gesetzlichen Mindesturlaub selbst. Praxistipp: Im Arbeitsvertrag sollte geregelt werden, dass ein Teilurlaub zuerst auf den gesetzlichen Mindesturlaub angerechnet wird. Zweckmäßigerweise sollte ein Rechtsanwalt ein Arbeitsvertragsformular entwerfen.

Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, § 8 BUrlG. Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet, § 9 BUrlG, der Arbeitnehmer kann also nur während der Arbeitszeit krank sein. Ein Selbstbeurlaubungsrecht des Arbeitnehmers besteht nicht. Ein entsprechendes Verhalten des Arbeitnehmers stellt einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 626 BGB durch den Arbeitgeber dar.

Urlaubsabgeltung: Urlaub ist grundsätzlich in Natura zu gewähren; der Urlaubsabgeltungsanspruch ist eine Ausnahme, die nur durch wichtige betriebliche Gründe gerechtfertigt werden kann. Ist ein Teil des restlichen Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers wegen dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr tatsächlich realisierbar, wandelt sich der noch erfüllte Urlaubsanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses automatisch, d.h. ohne irgendwelche Mitwirkungshandlungen der Parteien, in einen Abgeltungsanspruch um.

2.7 Pflicht zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses

Allgemeines - Arbeitszeugnisse spielen objektiv gesehen keine bedeutende Rolle, Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten aber ausgesprochen viel & gerne darüber. Praxistipp: Der Arbeitnehmer entwirft das von ihm gewünschte Arbeitszeugnis - am besten mit Unterstützung durch einen Rechtsanwalt - selbst und übermittelt diesen Entwurf dem Arbeitgeber. Dieser ist meist froh, wenn er den vorbereiteten Text nur auf den Geschäftsbogen übertragen muss: Beide Parteien sind zufrieden!

Mit der Neuregelung der Gewerbeordnung findet sich die gesetzliche Grundlage für das Recht des Arbeitszeugnisses nunmehr in § 109 GewO. Diese Vorschrift hat die bis dahin gültige Rechtsgrundlage des § 630 BGB in Bezug auf Arbeitnehmer abgelöst. Die Vorschrift lautet:

§ 109 Zeugnis

(l) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstreckt.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtlichen Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen,

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Als weitere Rechtsquelle für das Arbeitszeugnis gilt immer noch § 630 BGB, der jedoch nur noch auf arbeitnehmerähnliche Personen und sonstige Dienstverhältnisse, die keine Arbeitsverhältnisse sind, anwendbar ist. Den Zeugnisanspruch des Auszubildenden regelt § 16 BBiG; hier ist darauf zu achten, dass in einem einfachen Zeugnis auch angegeben werden muss, welche Fähigkeiten der Auszubildende erlangt hat. Darüber hinaus enthalten Spezialgesetze, z.B. das Soldatengesetz, und zahlreiche Tarifvertragsnormen Bestimmungen zum Zeugnisanspruch, der letztlich auch auf die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zurückführbar ist.

Mit Ausnahme des § 8 BBiG, der den Ausbilder zur Ausstellung eines schriftlichen Zeugnisses verpflichtet, bedarf es hinsichtlich der Erteilung des Zeugnisses - wie bereits dargelegt - eines ausdrücklichen Verlangens des Anspruchstellers. Dieses Begehren muss grundsätzlich der Arbeitgeber selbst erfüllen, der sich allerdings auch eines Dritten bedienen kann. Dieser Dritte muss allerdings zum einen in dem Unternehmen angestellt sein und zum anderen erkennbar ranghöher sein als der das Zeugnis beanspruchende Arbeitnehmer. War der Arbeitnehmer direkt der Geschäftsleitung unterstellt, so hat ein Mitglied der Geschäftsleitung das Zeugnis zu unterzeichnen und zwar unter ausdrücklichem Hinweis auf diese Position.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter der Anspruchschuldner. Er ist gehalten, sich die erforderlichen Kenntnisse vom Schuldner, der gem. § 97 InsO zur Erteilung von Auskünften verpflichtet ist, zu beschaffen. Bei einem Betriebsübergang richtet sich der Zeugnisanspruch gegen den neuen Inhaber. Gegen den bisherigen Betriebsinhaber steht lediglich ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

Zeugnisarten - Das einfache Zeugnis gem. § 109 Abs. l S. 2 Gewerbeordnung stellt lediglich einen Beschäftigungsnachweis dar, erstreckt sich also neben den Angaben zur Person des Arbeitnehmers und dessen Berufsbezeichnung lediglich auf Art und Dauer der Tätigkeit. Die Art der Tätigkeit ist genau und vollständig anzugeben, dass der neue Arbeitgeber ersehen kann, mit welchen Arbeiten der Arbeitnehmer betraut war. Hinsichtlich der Dauer ist zu bescheinigen, wie lange das Arbeitsverhältnis rechtlich bestanden hat.

Nicht zu erwähnen sind tatsächliche Unterbrechungen wie Krankheit, Urlaub, Freistellungen usw. Angaben zur Elternzeit darf der Arbeitgeber hingegen machen, sofern sich die Ausfallzeit als eine wesentliche tatsächliche Unterbrechung der Beschäftigung darstellt. Das ist dann der Fall, wenn diese Unterbrechung nach Lage und Dauer erheblich ist und wenn bei ihrer Nichterwähnung für Dritte der falsche Eindruck entstünde, die Beurteilung des Arbeitnehmers beruhe auf einer der Dauer des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses entsprechenden tatsächlichen Arbeitsleistung. Die Erwähnung einer Betriebsratstätigkeit ist regelmäßig unzulässig. Wenn allerdings vor dem Ausscheiden eine lange Zeit der Freistellung wegen dieser Funktion lag, die zu Beeinträchtigungen in Bezug auf die Berufserfahrung und Qualifikation geführt haben, soll eine Ausnahme gelten.

Das qualifizierte Zeugnis hat über die Angaben des einfachen Zeugnisses hinaus Bewertungen zu Leistung und Führung im Arbeitsverhältnis zu enthalten, jedoch nur auf ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers.

Das Zwischenzeugnis in der Form des qualifizierten Zeugnisses muss der Arbeitgeber nur dann erteilen, wenn der Arbeitnehmer "triftige Gründe" darlegt. Als solche triftigen Gründe kommen in Betracht: außerbetriebliche Bewerbung, Versetzung oder Bewerbung innerhalb des Betriebes, Vorgesetztenwechsel, bevorstehender Betriebsübergang, Änderungen in der Unternehmensstruktur, Besuch weiterführender Bildungseinrichtungen, Übernahme eines politischen Mandats, Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst, Beantragung von Elternzeit, Freistellung als Betriebsratsmitglied und Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses für mehr als ein Jahr.

Form des Zeugnisses - Für die Erteilung des Zeugnisses gilt selbstverständlich Schriftform, wobei die elektronische Form gem. § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung ausgeschlossen ist, Das Zeugnis muss auf haltbarem Papier von guter Qualität, maschinenschriftlich (bzw. per Textverarbeitung) gestellt werden, und zwar regelmäßig auf dem aktuellen Geschäftsbogen des Arbeitgebers. Aus diesem Geschäftsbogen müssen die korrekte Firmenanschrift und bei juristischen Personen die Vertretungsverhältnisse hervorgehen. Flecken, Geheimzeichen und ähnliche Merkmale haben zu unterbleiben, ebenso Unterstreichungen, Hervorhebungen, Anführungszeichen, Frage- und Ausrufezeichen

Faltet der Arbeitgeber den Zeugnisbogen (einmal!), um ihn in einen Umschlag kleineren Formats unterzubringen, ist dies nicht zu beanstanden. Als Ausstellungsdatum ist grundsätzlich der Tag der Ausstellung aufzunehmen, auch wenn dieser nicht der tatsächliche oder rechtliche Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses ist.

Leistungsbewertung - Bei der vom Arbeitgeber vorzunehmenden Leistungsbewertung sind sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die die berufliche Verwendbarkeit eines Arbeitnehmers umschreibt. Der Begriff der Leistung umfasst die Hauptmerkmale Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitsvermögen und Arbeitserwartung. Zur Leistungsbewertung, bei der der Arbeitgeber einen umfassenden Bewertungsspielraum hat, zählen insbesondere: Fachkenntnisse und Fertigkeiten, Arbeitsbereitschaft, Arbeitstempo und Arbeitsökonomie, Qualität der Arbeit, erzielte Erfolge, berufliches Engagement, Fortbildungsbereitschaft, Vielseitigkeit, Auffassungsgabe und Ausdrucksvermögen, Verhandlungsgeschick sowie Spezialkenntnisse und besondere Fertigkeiten.

Zeugnisformeln für Leistung: Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben erfüllt

stets zu unserer vollsten Zufriedenheit

= sehr gute Leistung

stets zu unserer vollen Zufriedenheit

= gute Leistung

zu unserer vollen Zufriedenheit

= eine befriedigende Leistung (Durchschnitts- bzw. Normalleistung)

zu unserer Zufriedenheit erledigt

= eine unterdurchschnittliche, aber ausreichende Leistung

im Großen und Ganzen (oder: insgesamt) zu unserer Zufriedenheit

= mangelhafte Leistung

hat sich bemüht, die übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen bzw. führte die übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch

= unzureichende, ungenügende Leistung

Führungsbewertung - Mit dem Begriff der Führung wird das Sozialverhalten des Arbeitnehmers, also sein gesamtes Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartnern umschrieben. Es haben sich folgende Formulierungen eingebürgert: Das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kunden usw. war

stets vorbildlich

= sehr gut

vorbildlich

= gut

stets einwandfrei/korrekt

= befriedigend

ohne Tadel bzw. gab keinen Anlass zu Beanstandungen

= ausreichend

im Wesentlichen bzw. insgesamt zufriedenstellend

= mangelhaft

Auch durch Weglassen (= Verstoß gegen das Vollständigkeitsgebot!) können Wertungen ausgedrückt werden, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind: Wenn z.B. ausgeführt wird, dass der Arbeitnehmer immer ein gutes Verhältnis zu Kunden und Mitarbeitern hatte, wird durch diese zunächst positiv wirkende Aussage wegen der nicht erfolgten Nennung von Vorgesetzten auch zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitnehmer in dieser Hinsicht Defizite aufgewiesen hat.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis muss nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts inhaltlich wahr und zugleich von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein und darf dessen weiteres Vorkommen nicht ungerechtfertigt erschweren. Diese Vorgabe führt zu regelrechten Kapriolen, zu einem Spagat zwischen Wahrheit und Wohlwollen.

Bei einer Zeugnisberichtigungsklage übrigens ist der Arbeitgeber bei der Erstellung eines berichtigten neuen Zeugnisses an den bisherigen, vom Arbeitnehmer nicht beanstandeten Zeugnistext gebunden. Das folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot der Maßregelung des Arbeitnehmers für den Fall, dass er in zulässiger Weise seine Rechte - hier Korrektur eines fehlerhaften Zeugnisses - ausübt. Eine Ausnahme kann nur dann greifen, wenn neue Umstände, die dem Arbeitgeber nachträglich bekannt werden, eine schlechtere Beurteilung rechtfertigen.

Gerichtliche Durchsetzung des Zeugnisanspruchs - Die Klage auf Erteilung eines einfachen oder qualifizierten Zeugnisses und auch die Klage auf Berichtigung eines bereits erteilten Zeugnisses sind möglich. Gegebenenfalls kann dieser Anspruch auch mittels einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden, wenn sich der Arbeitnehmer vergeblich um die Erteilung bzw. Korrektur des Zeugnisses bemüht hat und er das Zeugnis zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses und zur Verhinderung ansonsten drohender Nachteile benötigt.

Der Berichtigungsantrag ist auf die Erteilung eines neuen Zeugnisses zu richten, da das Gesetz ein auf Berichtigung eines bereits erteilten Zeugnisses gerichteten Antrag nicht kennt. lm Klagantrag sind die gewünschten Korrekturen zu bezeichnen und damit zu begründen. Das Arbeitsgericht kam das Zeugnis, das eine Einheit bildet, dann im Urteilstenor neu formulieren. Die Aufnahme des kompletten neuen Zeugnisses im Antrag kommt nur damit in Betracht, wenn eine Vielzahl von Änderungen des erteilten Zeugnisses geboten ist.

Begehrt der durchschnittlich bewertete Arbeitnehmer eine verbesserte Beurteilung, ist er darlegungspflchtig hinsichtlich der Tatsachen, die eine gute Benotung rechtfertigen. Gelingt es dem Arbeitgeber, die vorgetragenen Tatsachen zu erschüttern, liegt die Beweislast wiederum beim Arbeitnehmer. Will hingegen der Arbeitgeber lediglich unterdurchschnittliche Leistungen bescheinigen, trifft ihn die volle Darlegungs- und Beweislast.