Familien- und Eherecht

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Scheidung
  3. Versorgungsausgleich
  4. Zugewinnausgleich
  5. Hausrat
  6. Sorgerecht für gemeinsame Kinder
  7. Aufenthaltsrecht
  8. Umgangsrecht bezüglich gemeinsamer Kinder
  9. Kindesunterhalt
  10. Unterhalt für Ehegatten
  11. Scheidungsfolgenvereinbarung
  12. Streitwerte im Familienrecht

1. Einleitung

Im Familienrecht geht es in erster Linie um die Lösung von familiären Konflikten, die sich in aller Regel durch die Scheidung einer Ehe (oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, im Folgenden wird allerdings nur von Ehe gesprochen) und die sich daran knüpfenden sog. Folgesachen ergeben. Im Einzelnen:

2. Scheidung

Die Schließung einer Ehe ist - in rechtlicher Hinsicht - eine recht einfache Angelegenheit: Zwei Menschen verschiedenen Geschlechts beschließen, einander zu heiraten, besorgen sich die nötigen Papiere, melden sich bei einem Standesbeamten, der dann die Eheschließungsprozedur vornimmt. Durch das beiderseitige Jawort und die Unterzeichnung der Urkunde auch durch den Standesbeamten ist die Ehe geschlossen. Und plötzlich werden dadurch eine ganze Reihe von Rechtswirkungen erzeugt, nämlich die gegenseitige Beistandspflicht, eine Unterhaltspflicht, auch steuerliche Vorteile. In aller Regel gibt es auch eine mehr oder weniger große Feier, die auch Geld kostet, die auf der anderen Seite auch wieder Geschenke hereinspielt; auch das sind alles rechtliche Vorgänge, die allerdings in dem hier behandelten Rahmen keine Rolle spielen, auch nur selten problematisch sind.

Die Scheidung einer Ehe erfolgt in Deutschland - anders als z.B. in Frankreich - nicht wie-derum vor dem Standesbeamten, sondern ist ein gerichtliches Verfahren. Das sog. Schuldprinzip, wonach eine Ehe nur geschieden werden kann, wenn einer schuldhaft eheliche Pflichten verletzt, ist längst zugunsten des sog. Zerrüttungsprinzips abgelöst worden. Aus diesem Zerrüttungsprinzip ergibt sich, dass die Ehe nur dann geschieden werden darf, wenn sie zerrüttet ist. Davon ist in aller Regel bei einem einjährigen Getrenntleben der Ehegatten auszugehen.

Getrenntleben kann man übrigens auch in einer gemeinsamen Wohnung, nur muss dann jeder Ehegatte einen eigenen Haushalt führen, also sich selbst versorgen, selbst seine Wäsche waschen und ähnliches mehr. Der Beschluss über die Scheidung der Ehe (früher Scheidungsurteil) darf also erst dann ergehen, wenn das Trennungsjahr erfüllt ist. Der Antrag auf Scheidung einer Ehe - dieser Antrag kann nur durch einen Rechtsanwalt gestellt werden - kann allerdings auch schon einige Zeit vor Ablauf des Trennungsjahres gestellt werden.

Der Antragsgegner, also der andere Ehegatte, benötigt keinen Rechtsanwalt. Das Gericht lädt dann zu einer nicht öffentlichen Verhandlung, in der die Ehegatten angehört werden. Im Rahmen dieser Anhörung werden die persönlichen Daten abgefragt und die Ehegatten danach gefragt, ob sie die Ehe für gescheitert halten. Davon ist jedenfalls immer dann auszugehen, wenn beide Ehegatten die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht für möglich halten (insbesondere dann, wenn sie sich während des Trennungsjahres bereits einem neuen Partner zugewandt haben).

Nach der Verkündung des Scheidungsbeschlusses kann jede anwaltlich vertretene Partei auf Rechtsmittel verzichten. Wenn beide Parteien dies tun, ist die Ehescheidung sofort rechtskräftig. Man sieht: Die Scheidung allein ist keine große Übung.

3. Versorgungsausgleich

Zum reinen Scheidungsverfahren gehört allerdings regelmäßig in einem zwingenden Verbund auch der Ausgleich der Versorgungsanwartschaften. Dies sind die während der Ehezeit, also vom Monat der Eheschließung an bis zu dem Monat, in dem der Scheidungsantrag gestellt wird, von beiden Ehegatten erwirtschafteten Rentenanwartschaften. Der Ehegatte, der während der Ehezeit höhere Versorgungsanwartschaften erwirtschaftet hat, muss - vereinfacht gesprochen - die Hälfte seines Überschusses an den anderen Ehegatten abgeben. Dies geschieht durch eine Umbuchung bei den Rentenversicherungsträgern, fällt also dem dadurch negativ betroffenen Ehegatten zunächst gar nicht auf. Diese Abbuchung wird er erst dann spüren, wenn er in den Ruhestand geht: Seine Rente wird dann entsprechend kleiner ausfallen.

Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs müssen beide Ehegatten einen Fragebogen der Rentenversicherungsträger ausfüllen, der dann über das Gericht bei den Rentenversicherungsträgern zur Berechnung der Ausgleichsbeträge eingereicht wird.

4. Zugewinnausgleich

Wie der Versorgungsausgleich soll auch der Zugewinnausgleich einseitige Vermögensvorteile, die die Ehegatten während der Ehezeit erworben haben, ausgleichen. Grundsätzlich ist zunächst das Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten zu ermitteln, das er bei Eheschließung hatte. Dann ist das Endvermögen zu bestimmen, also das Vermögen, das zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages beim Familiengericht für jeden Ehegatten vorhanden war. Derjenige Ehegatte, der einen höheren Zugewinn während der Ehe hat, muss die Hälfte dieses Überschussbetrages dem anderen übertragen. Ein Beispiel:

Der Ehemann hatte zu Beginn der Ehe ein Anfangsvermögen von 10.000,00 € und - weil er während der Ehezeit ein Hausgrundstück gekauft hat - ein Endvermögen in Höhe von 130.000,00 €. Er hat also einen Zugewinn während der Ehezeit von 120.000,00 € zu verzeich-nen. Die Ehefrau hingegen hatte ein Anfangsvermögen von 40.000,00 €, ihr Endvermögen beträgt 60.000,00 €. Ihr Zugewinn  beträgt also 20.000,00 €. Der Ehemann hat also ein "Mehr" in Höhe von 100.000,00 €. Davon muss er die Hälfte, also einen Betrag in Höhe von 50.000,00 € auf die Ehefrau übertragen. Dies ist nur ein einfaches Beispiel, um die Idee des Zugewinnausgleichs zu verdeutlichen. Im Einzelnen sind die Sachverhalte meistens sehr viel problematischer.

5. Hausrat

Über die Aufteilung des Hausrates bei der Trennung der Ehegatten werden diese sich in aller Regel recht schnell einig. Sollte eine solche Einigung nicht gelingen, kann die Aufteilung des Hausrates auch im gerichtlichen Scheidungsverfahren mit geklärt werden.

6. Sorgerecht für gemeinsame Kinder

Früher galt der Grundsatz, dass das Sorgerecht nur von einem Ehegatten, in der Regel dem Ehegatten ausgeübt wurde, in dessen Haushalt das Kind auch lebte. Davon hat sich der Gesetzgeber dann verabschiedet und als Regelfall das gemeinsame Sorgerecht der (geschiedenen) Ehegatten postuliert. Nur in Ausnahmefällen und mit guten Gründen kann also das Sorgerecht für das bzw. die gemeinsamen Kinder auf einen Ehegatten übertragen werden.

7. Aufenthaltsrecht

Die Ehegatten müssen auch eine Vereinbarung darüber treffen, in welchem der beiden Haushalte der geschiedenen Ehegatten das gemeinsame Kind leben soll. Je nach Alter des Kindes wird dabei berücksichtigt, ob ein Ehegatte auch genügend Zeit hat, sich um das Kind zu kümmern. So hat es beispielsweise wenig Sinn, dass der Vater als Berufskraftfahrer das Aufenthaltsrecht für sich beansprucht, wenn er tatsächlich nur am Wochenende in seiner Wohnung ist und das vielleicht fünfjährige Kind in dieser Zeit nicht von ihm versorgt werden kann; ein Ausweichen auf Familienangehörige für die Betreuung des Kindes während der Abwesenheit des Vaters hilft hier nicht weiter. Die Betreuung des Kindes muss - abgesehen von Kindergarten- und Schulzeiten - vom Elternteil selbst gewährleistet sein.

8. Umgangsrecht bezüglich gemeinsamer Kinder

In einem Scheidungsverfahren kann auch das Umgangsrecht geregelt werden. Dies geschieht in aller Regel dann, wenn sich die zu scheidenden Ehegatten nicht darüber einig sind, wie häufig und zu welchen Zeitpunkten ein gemeinsames Kind den Ehegatten "besuchen" darf, bei dem das Kind nicht seinen Lebensmittelpunkt hat. Es ist allerdings dringend zu empfehlen, dass die Ehegatten hier eine einvernehmliche Regelung finden und dieser Aspekt - womöglich mit genauen Uhrzeiten und Abholorten - nicht gerichtlich geregelt wird.

9. Kindesunterhalt

Die Eltern sind ihrem Kind unterhaltspflichtig. Wenn das minderjährige Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, gibt es nur eine sog. Naturalunterhaltspflicht, also keine Geldzahlung. Wenn sich allerdings die Ehegatten scheiden lassen und das Kind sich im Haushalt eines der früheren Ehegatten aufhält, ist dieser Ehegatte naturalunterhaltspflichtig, während der andere Ehegatte barunterhaltspflichtig ist. Der Barunterhalt wird zunächst nach zwei Kriterien ermittelt, nämlich nach dem Bedarf des unterhaltspflichtigen Kindes und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Sollte ein hoher Bedarf vorhanden sein, der Verpflichtete allerdings nur über geringe Einkünfte verfügen, kann der Unterhaltsanspruch auch null sein.

Hat der Unterhaltsverpflichtete mehrere Unterhaltspflichten zu befriedigen, dafür allerdings nicht genügend Geld, findet eine sog. Mangelfallberechnung statt: Jeder Unterhaltsberechtigte bekommt also nur einen quotalen Anteil  an dem in dieser Hinsicht zur Verfügung stehenden Betrag. Der Unterhaltsverpflichtete nämlich hat auch einen sog. Selbstbehalt, damit er seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten kann. Der Unterhalt wird anhand von Tabellen - bekannt ist die sog. Düsseldorfer Tabelle - und anderen Kriterien, insbesondere den (finanziellen) beruflichen Aufwendungen des Verpflichteten konkret berechnet.

10. Unterhalt für Ehegatten

Die Ehegatten sind einander während der ganzen Zeit des Zusammenlebens unterhaltspflichtig. Richtig ernst wird es aber vom Zeitpunkt der Trennung an, weil dann eine Barunterhaltspflicht eintritt. Von diesem Zeitpunkt kann derjenige Ehegatte, der über keine oder nur geringe laufende Einkünfte verfügt, von dem anderen einen sog. Trennungsunterhalt verlangen. Dieser endet mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung. Dann tritt an die Stelle des Getrenntlebend-Unterhalts der sog. nacheheliche Unterhalt. Es wird wieder nach den Kriterien Bedarf und Leistungsfähigkeit sowie unter Heranziehung der entsprechenden Tabelle berechnet, wie hoch denn dieser Unterhalt ausfällt. Diese Berechnung ist eine schwierige Sache, weil eine Vielzahl von Einzelaspekten berücksichtigt werden und der Gegenseite auch dargelegt werden müssen.

11. Scheidungsfolgenvereinbarung

Die Ehegatten können schon bei ihrer Eheschließung - auch davor - oder auch erst in Nähe einer ins Haus stehenden Scheidung eine ganze Reihe der vorstehend genannten Punkte vertraglich durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung, die notariell beurkundet werden muss, regeln. Im Scheidungsverfahren wird dann diese Scheidungsfolgenvereinbarung mit eingereicht, so dass sich dann die Entscheidung des Gerichts nur noch auf die in dem Scheidungsantrag bezeichneten Punkte bezieht. Diese Regelungen in der Scheidungsfolgenvereinbarung sind allerdings nicht uferlos möglich, gerade was den Versorgungsausgleich und den Ehegattenunterhalt angeht. Wenn nämlich die Ehegatten eine Vereinbarung treffen, die im Extremfall dazu führt, dass einer der Ehegatten wegen der entsprechenden Regelung sozialhilfebedürftig wird, gilt die Regelung im Verhältnis zur Zahlstelle nicht. Dies wäre dann nämlich ein sog. Vertrag zu Lasten Dritter. Über Möglichkeiten und Grenzen einer Scheidungsfolgenvereinbarung informiert Sie Ihr Notar.

12. Streitwerte im Familienrecht

Wie unter "Vergütung des Rechtsanwalts" dargestellt, bemisst sich die Bezahlung des Rechtsanwalts zum einen nach einem Gegenstandswert, zum anderen nach einem Gebührentatbestand; beides wird durch eine Tabelle ermittelt; das genaue Verfahren zur Ermittlung der Anwaltsvergütung ist dort dargestellt. Die Gegenstandswerte im Familienrecht sind allerdings recht kompliziert zu ermitteln. Zu unterscheiden ist nach folgenden sechs Tatbeständen:

12.1 Ehescheidung: Geht es nur um die Scheidung einer Ehe, ist das dreifache Nettoeinkommen beider Eheleute aus den letzten drei Monaten vor Einreichung des Scheidungsantrages zugrunde zu legen, und zwar abzüglich eines Betrages in Höhe von je 250,00 € pro Kind. Allerdings ist auch das Vermögen der Eheleute bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen. Als Vermögen gilt allerdings nur der Ertrag, der häufig mit 5 Prozent des Vermögens angesetzt wird. Vorab werden jedoch Verbindlichkeiten und freie Beträge für Ehegatten und Kinder abgezogen. Ein Pkw oder kleinere Sparguthaben bleiben unberücksichtigt. Sollten die Eheleute nur über geringes Einkommen verfügen und Vermögen nicht vorhanden sein, beläuft sich der Mindest-Verfahrenswert auf 2.000,00 €.

12.2 elterliche Sorge, Umgang und Kindesherausgabe: Im Scheidungsverbundverfahren erhöht sich der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens durch jede Kindschaftssache um jeweils 20 Prozent des zuvor festgestellten Gegenstandswertes, höchstens jedoch um jeweils 3.000,00 €. Außerhalb des Scheidungsverbundverfahrens, also im isolierten Verfahren, beträgt der Gegenstandswert für jede Kindschaftssache 3.000,00 €.

12.3 Versorgungsausgleich: Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs sind 10 Prozent des in den letzten drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Eheleute anzusetzen, und zwar für jedes einzelne ausgleichsfähige Anrecht. Dies können durchaus mehrere ausgleichsfähige Anrechte sein, wenn z.B. die Eheleute jeweils Anwartschaftsrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, daneben aber beispielsweise noch ein Anspruch gegen die VBL besteht. Diese Bemessung findet auch auf solche Anrechte Anwendung, die wegen der Bagatellgrenze am Ende gar nicht ausgeglichen werden, im Übrigen auch für ausländische Versorgungsanwartschaften. Der Mindestwert für das Verfahren beträgt 1.000,00 €.

12.4 weitere familienrechtliche Streitigkeiten: Für die Wohnungszuweisung bei Getrenntleben und für die endgültige Teilung der Haushaltsgegenstände wird ein Verfahrenswert von jeweils 3.000,00 € angesetzt. Für die Wohnungszuweisung anlässlich der Scheidung ein Gegenstandswert in Höhe von 4.000,00 € und für die Teilung der Haushaltsgegenstände während des Getrenntlebens ein Gegenstandswert in Höhe von 2.000,00 €.

12.5 Zugewinnausgleich: Der Verfahrenswert für den Zugewinnausgleich ist der Betrag, den die eine Seite als Zugewinnausgleich von der anderen fordert.

12.6 Unterhalt: Der Verfahrenswert für Unterhaltsforderungen beläuft sich auf den zwölffachen Betrag des geforderten monatlichen Unterhalts. Dieser Verfahrenswert kann sich erhöhen, wenn Unterhaltsrückstände mit geltend gemacht werden, und zwar um den dann geltend gemachten Rückstandsbetrag.